Maddie (Jennifer Lawrence) ist eine erfolglose, vom Pech verfolgte Uber-Fahrerin (Jennifer Lawrence). Als noch ihr Autos gepfändet wird, steht sie vor dem finanziellen Ruin. Bald stößt sie auf ein verlockendes Angebot. Sie soll den Sohn der Helikoptereltern Allison (Laura Benanti) und Laird Becker (Matthew Broderick) daten. Der junge, unbeholfene Percy (Andrew Barth Feldman) soll endlich mit einer Frau zusammenkommen, bevor er ein College besucht. Doch Percy zu verführen stellt sich als große Herausforderung dar.
Gehen wir mal von der Prämisse aus, daß das Gezeigte im Film einen Anspruch hat. Es geht hier um eine recht seltsame Beziehung. Eine Frau, die langsam aber sicher Stabilität im eigenen Leben braucht und gerne etwas Geld hätte und ein junger Mann, in einer wohlhabenden Familie, dessen Eltern diese Frau dafür bezahlt, daß sie mit ihm ausgeht. Diese zugrundeliegende Geschichte ist ja auf den ersten Blick gar nicht mal so blöd. Und wenn man dann dahin schaut, daß es sich hierbei um eine Komödie handeln soll, dann ist das ebenso wenig blöd, denn dahinter könnte sehr viel Gewagtes und provokatives stecken, daß auch einen intelligenten Diskurs anstreben könnte. Doch No Hard Feelings ist für eine Sexkomödie erschreckend Sexlos und für eine Gesellschaftsanalyse zu blöd, oder bewusst auf einem Auge blind. Das ist ärgerlich, weil eben jene Prämisse wie gesagt relativ viel potential hat. Doch was sich anschleicht als besonders verrucht und skandalös, ist es aus der Sicht aufgeklärter Geister, die über Storch-und-Baby-Analogien hinausgewachsen sind, ein wenig anstrengend und einfach prüde. Nicht, daß man unbedingt jedwede Form von Sex auf der Leinwand und im Film sehen müsste, allerdings ist es doch ein wenig seltsam, daß man hier eine Art Sexkomödie serviert bekommt, in der Sex eigentlich keine Rolle spielt. Das ist alles so infantil und unerotisch, daß man das eigentliche Ziel schon verpasst hat.
Erstaunlicherweise, oder auch weniger erstaunlich ist, daß hier viele Themen aufgegriffen werden, die spannend sind. Egal ob gut oder schlecht aufbereitet und durchgeführt, ist No Hard Feelings nämlich kein unspannendes Werk. So zu sehen in einer Partysequenz, die durchaus das Highlight in Gene Stupnitskys Film darstellt. Da kommt also diese Millennial auf diese Party, versucht Spaß zu haben und sich auch ein wenig bei der Generation Z anzubiedern. Das machen ja viele dann. Auffällig ist, daß zum Beispiel der ein oder andere hom*ophobe, als Scherz ausgelegte Kommentar dann nach hinten losgeht. hom*ophobie ist tatsächlich auch im humoristischen Sinne kein Thema dieser Generation und in diesen Momenten generiert No Hard Feelings auch seine einzigen Schmunzler. Ein weiterer Aspekt, der gut funktioniert ist, etwa die Darstellung dieser Generation. Wenn man auf die Wissenschaft und Umfragen hört, dann kommen zum Thema Beziehungen in jüngeren Generationen erschreckende Erkenntnisse vor. Faktisch ist es so, daß etwa Vierundvierzig Prozent aller Gen-Z-Mitglieder keine Beziehung führen. Weiter angeführt ist, daß sich sehr wohl sehr viele eine wünschen, es aber auch vielerlei Gründen einfach nicht klappt. Nun ist folgendes nur ein Bauchgefühl, was allerdings Corona, soziale Medien, wie auch dieser Film stützen. Es könnte nämlich zu weiten Teilen auch daran liegen, daß soziale Medien erstens das soziale Leben nachhaltig verändert haben und zweitens eben einen enormen Druck auf junge Menschen, durch die ständige Schönheitsideale ausüben. Den Wunsch nach Schönheitsoperationen und Angleichungen pflegen ja auch vor allem junge Mädchen schon.
Daher ist jene Szene, in der fast alles verruchte in Textnachrichten oder gar nicht stattfindet, so ehrlich und gut. Wenngleich der Film aber auch Ausnahmen bildet, das ist schon richtig. Unterdessen wird klar, daß sich auch junge Menschen inzwischen von Drogen fernhalten. Nun kann dadurch aber auch erklärt werden, warum es dem wohlhabenden Percy überhaupt so schwerfällt eine Dame zu „ergattern“. Ein weiterer Aspekt ist hier die ödipale Familienstruktur der Beckers. Die Eltern überwachen jeden Schritt ihres Percys, der ohne Fremdeinwirkung, also Hilfe, auch nicht in der Lage ist, eine Frau überhaupt anzusprechen. Und da spielen soziale Isolation und diese Außenseiterrolle natürlich auch mit ein. Wie soll man auch zu lieben lernen, wenn man gar keine Vorbilder dafür hat und Entwicklungsschritte dieser Art unterbunden werden? Ist im Sinne der Psychoanalyse fast unmöglich. Interessant und fast doch wieder banal ist hier auch der breite Klassizismus. Maddie ist natürlich bedingt durch ihre Situation am Rande des Existenzminimums, während der gutsituierte Percy eben alle ökonomischen Möglichkeiten besitzt. Maddie ist vom Typus eher direkt und nach heutigen Maßstäben gelte sie wohl auch als asozial, während Percy natürlich, der schüchterne Heilige bleibt. Nun, das ist in dem Kontext natürlich irgendwo indoktrisch, auf der anderen Seite war das ja ohnehin schon von Anfang an die Prämisse, mit der man diesen Film betrachten musste.
Während No Hard Feelings den Anspruch erweckt, eine Tragweite wie Die Reifeprüfung (1967) zu erlangen, können sexuell offene Menschen darüber auch nur schmunzeln. Moderne Möglichkeiten, zum Erhalt werden noch einstreut. Also zum ökonomischen Erhalt und es wird darauf angespielt, daß der Körper – wie man auch unschwer daran erkennen kann, daß viele Menschen ihren Körper zwecks Miete, oder aus Spaß auf Plattformen wie Onlyfans verkaufen – Kapital ist. Hier waren es zunächst Plasma und Eizellen und der Körper ist eben das Letzte, was man noch verkaufen kann, um Geld zu bekommen. Auch das könnte eine gesellschaftliche Bedeutung haben, wenn Stupnitsky dem gesamten mehr Raum lassen würde. Das tut er nicht. Und dann kommt er zum Finale zum Schluss, daß Sex ohnehin keinerlei Platz mehr hat, weil die beiden, nun liebenden keine Zeit mehr haben. Uni, die Pflege eines Hundes und das gesellschaftliche Leben sind von höherer Bedeutung. Das ist traurig, wenngleich die beiden mal so gut anfingen. Obwohl man da natürlich deuten könnte, daß sie das geregelte Leben, also diese Gesellschaft, mit der Flucht aus dem Ort ebenso verlassen.
Gute Schauspieler und ein nicht unspannendes Werk ist No Hard Feelings in jedem Fall. Als Experiment glückt er weniger, als daß er scheitert. Das macht ihn zwar nicht unerträglich, zumal Lawrence und Feldman hier auch sauber aufspielen. Aber einen großen Wurf, sollte man hier nicht erwarten. War aber auch allen klar, die sich mal mit amerikanischer Prüderie befasst haben.